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KindertextDas verzauberte Portrait
Das verzauberte Portrait

Das verzauberte Portrait

 

„Trägst du deine Legokiste bitte rein“ bat Yunus Mutter ihn. Yunus klemmte sich sein Buch unter den Arm und seufzte genervt. Er wäre viel lieber in Würzburg geblieben, wo er seine Freunde und sein geliebtes Schlafzimmer zurücklassen musste. Das Haus wirkte schäbig und unheimlich. Zögerlich trat er ein und schaute sich um. Seine Hündin lief die hölzerne Treppe hoch und bellte aufgeregt. „Schon gut Peggy, ich komme ja!“ sagte Yunus. Die Stufen unter ihm knarrten mit jedem Schritt. Der Dachboden war verstaubt und roch muffig. Als er hinter einer antiken Kommode schaute, entdeckte er endlich, was Peggy ihm zeigen wollte. Er stand vor einem alten Ölgemälde, das in einem goldenen Rahmen lag. Irgendetwas erschien Yunus seltsam an dem Portrait. Er betrachtete das markante Gesicht des jungen Mannes genauer. Tatsächlich, es bewegte sich! Yunus blinzelte mehrmals. „Ich muss erschöpft sein von der langen Autofahrt, jetzt sehe ich schon Gespenster“ redete er sich ein. Dann spürte er ein Tropfen auf seiner Hand. Waren das etwa… Tränen? Als Yunus erneut aufblickte, fing das Gemälde an, mit ihm zu sprechen! „Bitte erschrick nicht. Ich tue dir nichts. Ich bin nur so schrecklich einsam hier!“ klagte der junge Mann. „Aber… das kann doch nicht… wie kann ein Portrait mit mir sprechen?“ stammelte Yunus. „Mein Name ist Selçuk. Ich bin schon seit 273 Jahren gefangen in diesem Bild. Ich war der Sohn eines Sultans. Als die Feinde unser Land besetzten, verzauberte eine Hexe mich in dieses Gemälde, um meinen Vater zu erpressen. Seither hat es niemand geschafft, mich zu befreien. Mein Vater hat alles versucht“ sagte das Portrait bedrückt. „273 Jahre?! So lange lebst du schon in diesem Bild? Aber es muss doch einen Weg geben, diesen Fluch zu brechen!“ rief Yunus erstaunt. „Es gibt einen Weg…“ zögerte Selçuk. „Aber über die Jahre sind viele Menschen hier eingezogen. Die meisten von ihnen hielten es keine Nacht aus, weil sie Angst hatten vor mir. Der Schlüssel, der mich befreien könnte, liegt in diesem Haus versteckt. Bisher hat ihn aber niemand gefunden“ erklärte er den beiden traurig. „Peggy und ich helfen dir, stimmts?“ versicherte ihm Yunus. Peggy wedelte aufgeregt mit dem Schwanz und bellte zustimmend. „Die Sache hat allerdings noch einen Haken“ setzte Selçuk fort. „Ihr müsst ihn in der ersten Nacht noch finden, sonst kann der Fluch nicht gebrochen werden.“ Er klang hoffnungslos. Yunus fühlte seine Einsamkeit, doch er beschloss trotzdem seinem neuen Freund zu helfen. „Dann fangen wir am besten gleich an zu suchen, wir dürfe keine Zeit verlieren“ sagte er entschlossen. „Na los Peggy!“ Die beiden klapperten jedes Zimmer einzeln ab. Sie suchten unter den Betten und hinter jeder Tür. Sie entdeckten versteckte Passagen und magische Gegenstände. Jedes davon schien eine Geschichte zu erzählen. Es war fast so, als wollten sie ihn davon abhalten, den Schlüssel zu finden. „Ich darf mich nicht davon ablenken lassen“ erinnerte er sich. Immer wieder schaute Yunus zur tickenden Uhr. Sie suchten auch ein zweites Mal in allen Schubläden und unter jeden Teppich. „Wir müssen uns beeilen“ sagte er nervös. Die beiden waren schon ganz erschöpft vom Suchen, aber ihnen blieben nur noch zwanzig Minuten bis Mitternacht und es war noch kein Schlüssel in Sicht. Wie soll ich Selcuk denn sagen, dass wir versagt haben“ jammerte er frustriert. Peggy jaulte mitfühlend und legte seinen Kopf auf Yunus Schoß. Widerwillig stiegen sie hoch zum Dachboden. Selçuk schaute die beiden erwartungsvoll an. Es bleiben ihnen zwei Minuten bis Mitternacht. „Es tut mir leid Selçuk, wir haben das ganze Haus auf den Kopf gestellt, aber der magische Schlüssel ist nirgends zu finden“ sagte Yunus traurig. Er traute sich kaum, Selçuk ihn die Augen zu sehen, aber als er aufblickte lächelte der nur. „Ihr habt es geschafft Yunus, ich bin befreit! Endlich kann mein Geist ruhen. Ich weiß nicht, wie ich euch danken soll.“ sagte er mit zitternder Stimme. „Aber… wie kann das sein?“ stammelte Yunus. „Hast du mir denn nicht zugehört?“ Selçuk lachte erneut. „Ihr habt euch bewiesen. Der Schlüssel war unsere Freundschaft. Eure Hilfsbereitschaft und Entschlossenheit haben den Fluch gebrochen. Vergisst nicht meine Freunde: Nicht das Ziel, sondern der Weg dahin ist entscheidend. Jetzt muss ich mich aber verabschieden. Lebt wohl ihr beiden. Ich werde euer Haus stets beschützen.“ Dann passierte etwas Unerwartetes. Das Porträt erstarrte plötzlich und Selçuk war verschwunden. In dem Moment kam Yunus Mutter die Treppen hoch und sagte „Mit wem redest du denn da Yunus?“ Peggy bellte fröhlich. „Das erzähl ich dir ein anderes Mal“ prahlte Yunus stolz. „Weißt du Mama, ich glaube ich mag unser neues Zuhause. Es gibt noch so viel zu entdecken.“

Beyza Koc

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